Drittes Porträt der Serie „Frauenwahlrecht und bedeutende Frauen 1918“

Wir feiern 100 Jahre Frauenwahlrecht – mit Alice Salomon

Deutschland feiert 100 Jahre Frauenwahlrecht. Am 30. November 1918 trat das Reichswahlgesetz in Kraft, das Frauen in Deutschland zum ersten Mal das aktive und passive Wahlrecht garantierte. Anlässlich dieses Jubiläums veröffentlicht die ASH Berlin eine Porträt-Serie zum Thema „Frauenwahlrecht und bedeutende Frauen 1918“. Dabei werden drei besondere Frauen vorgestellt, die im Geburtsjahr des Frauenwahlrechts in Deutschland politisch eine große Rolle gespielt haben. Die einzelnen Porträts werden hier auf der Website sowie auf den Social-Media-Kanälen der ASH Berlin zu finden sein.

Alice Salomon

Alice Salomon (19.04.1872 in Berlin – 30.08.1948 in New York), prominente Vertreterin der nationalen und internationalen Frauenbewegung, anerkannte Wegbereiterin der Sozialen Frauenschulen und lange Zeit in Vergessenheit geratene Pionierin der Sozialen Arbeit gilt als Begründerin der Sozialen Arbeit als moderner Beruf in Theorie, Praxis und Ausbildung in Deutschland. Sie war Vorsitzende der Berliner Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit und stellvertretende Vorsitzende des Bund Deutscher Frauenvereine (BDF). 1902 begann Alice Salomon, ohne Abitur, ein Studium der Nationalökonomie, Geschichte und Philosophie an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin. 1906 promovierte sie, angeregt durch ihr Engagement in der Arbeiterinnenschutz-Kommission, mit einer Arbeit über ein in der Frauenbewegung kontrovers diskutiertes Thema, Die Ursachen der ungleichen Entlohnung von Männer- und Frauenarbeit.
Alice Salomon nahm 1899 in London und 1904 in Berlin an den internationalen Kongressen des International Council of Women (ICW) teil und wurde 1909 auf der Versammlung in Toronto zur Schriftführerin gewählt, ab 1920 war sie Vizepräsidentin. Auf dem Kongress in Berlin 1904 wurde eine ständige Kommission zum Thema Frauenstimmrecht und Bürgerrechte eingerichtet, die Alice Salomon als „revolutionär“ bezeichnete, denn das „Frauenwahlrecht … war eine höchst kontroverse Angelegenheit“. In einem Manifest zum Frauenwahlrecht verwies Alice Salomon 1919 die bürgerlichen Frauen auf ihre Verpflichtung zu wählen und am Aufbau des neuen demokratischen Staates mitzuwirken.
Die Ergebnisse ihrer Dissertation, Erfahrungen aus den Jahreskursen der Mädchen- und Frauengruppen und nicht zuletzt Reformbestrebungen in der Mädchenbildung veranlassten Alice Salomon 1908 zur Gründung der ersten interkonfessionellen Sozialen Frauenschule in Berlin, die sie bis 1925 leitete. 1929 war sie maßgeblich an der Gründung des Internationalen Komitees sozialer Schulen beteiligt (heute: International Association of Schools of Social Work/ IASSW), dessen Vorsitzende sie über 1933 hinaus war.
Um eine wissenschaftliche Fortbildung von Führungskräften der Sozialarbeit und parallel Forschungsaktivitäten zu etablieren, wurde 1925 in Berlin von Alice Salomon die Deutsche Akademie für soziale und pädagogische Frauenarbeit mit einer eigenen Abteilung für empirische Forschung gegründet. Sie wurde die erste Vorsitzende und war Herausgeberin einer Schriften- und Forschungsreihe.
1933 verlor Alice Salomon alle öffentlichen Ämter in Deutschland, vier Jahre später wurde sie, nach einem mehrstündigen Verhör durch die Gestapo, von den Nationalsozialisten zur Auswanderung gezwungen. Alice Salomon emigrierte über England in die USA, sie starb 1948 im Alter von 76 Jahren zurückgezogen in New York.
Quellen:

  • Salomon, Alice: Frauenbewegung und gesetzlicher Arbeiterinnenschutz, in: Die Frau, 7. Jg., Nr. 4, Jan. 1900, S. 212-216.

  • Salomon, Alice: Die Ursachen der ungleichen Entlohnung von Männer- und Frauenarbeit, Leipzig 1906

  • Salomon, Alice: Die deutsche Frau und ihre Aufgaben im neuen Volksstaat, Leipzig u. Berlin 1919