Tagung zu Kontinuitäten und Brüchen im Werk von Hilde Thurnwald und ihrem Mann

Eine Schülerin der sozialen Frauenschule in der kolonialen Ethnologie

Hilde Thurnwald (1890-1979), geb. Schubert, gehörte zu den ersten Schülerinnen von Alice Salomons sozialer Frauenschule und blieb auch während ihrer späteren Laufbahn als international einflussreiche Ethnologin mit den Berliner Kreisen der Sozialreform und Frauenbewegung in beruflichem Kontakt. Mit ihrem Mann, dem Ethnologen Richard Thurnwald, führte sie in den frühen 1930er Jahren Forschungen in den ehemaligen deutschen Kolonialgebieten Tansania und Papua-Neuguinea durch. Oftmals von kolonialpolitischen Organisationen finanziert, beziehen sich die Thurnwald’schen Forschungen nicht nur in Zeiten des deutschen Kolonialreichs, sondern auch in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus vielfach auf kolonialpolitische Fragestellungen. Hilde forschte zu pädagogischen und sozialen Themen und beschäftigte sich vor allem mit der verändernden Lage Schwarzer und indigener Frauen. Ihre Forschungen, die sie im Nationalsozialismus und nach 1945 fortsetzen konnte, sind deutlich von den ersten, im Kontext der ebenfalls von Alice Salomon ins Leben gerufenen Akademie für soziale und pädagogische Frauenarbeit durchgeführten Sozialarbeitsforschungen zu Bestand und Erschütterung der Familie geprägt. Ihr Werk wirft die Frage auf, welche Wechselwirkungen zwischen den Disziplinen Ethnologie und Sozialer Arbeit bestanden und kann Aufschluss darüber geben, inwiefern koloniale Denkmuster, Konzepte und Methoden auch in der frühen Wissensproduktion der Sozialen Arbeit eine Rolle gespielt haben.

Tagung: Unsichere Felder. Hilde und Richard Thurnwalds Ethnologie (7.-9. Juli, Sourbonne Nouvelle, Paris und online)

Ausgehend von den Lebensläufen dieser beiden Ethnologen wird die Tagung allgemeine Fragen zur deutschsprachigen Ethnologie in der ersten Hälfte des 20. Jh. aufwerfen, u.a. über ihre Methoden, die Beziehung zu anderen Sozialwissenschaften, die internationale Vernetzung, die Rolle der Frauen, die Neuausrichtung der Forschungen nach dem Verlust der deutschen Kolonien und dem Zerfall der Donaumonarchie, die Kompromittierung mit dem NS-Regime, die Kontinuitäten und Brüche vor und nach 1945.

Die Tagung findet in bimodaler Form statt und wird in drei Sprachen (en, fr, d) durchgeführt. Eine Simultanübersetzung ins Englische wird angeboten. Um den Teilnahmelink (zoom) zu erhalten, kontaktieren Sie bitte die Organisator*innen. Weitere Informationen sowie das Programm der Tagung finden Sie unter diesem Link.